Die Grundsäulen des internationalen Handels wanken bedenklich, seit Donald Trump am Ruder ist. Seine Zollpolitik trifft auch die deutschen Unternehmen hart, die global produzieren und verkaufen. Neue Wege für die Fertigungsindustrie sind gefragt – allen voran für die Automobilindustrie. Ein Ansatz ist eine stärkere Diversifizierung der Lieferketten.
US-Zölle: Barrieren für den globalen Handel
Bereits Mitte März 2025 hatten die USA Zölle in Höhe von 25 % auf den Import von Stahl und Aluminium verhängt. Ab dem 03. April 2025 galten diese auch für Kraftfahrzeuge, darüber hinaus wurden pauschal 20 % Zusatzzoll auf alle EU-Importe erhoben. Damit erreichte die aggressive US-amerikanische Handelspolitik zunächst einen Höhenpunkt. Doch es sollte noch weitergehen: Für den 3. Mai 2025 war eine Ausweitung der 25 %-Zölle auf Fahrzeugbauteile wie Motoren, Antriebsstränge oder elektrische Komponenten geplant.
Ein herber Schlag für die deutschen Automobilhersteller und deren Zulieferindustrie. Laut Hildegard Müller, Präsidentin des VDA, werden jährlich 450.000 Autos im Wert von 20 Milliarden Euro in die USA exportiert. Zudem produzieren die Hersteller über 900.000 Autos in ihren US-Werken – hier würden die Zölle beim Import von Aluminium, Stahl und Zulieferteilen anfallen.
Zwischenzeitlich wurden die Zölle zum 9. April zwar für 90 Tage ausgesetzt, doch was kommt danach? Außerdem: Während dieser drei Monate gilt dennoch der Reziprok-Zollsatz in Höhe von 10 %!
Automotive-Industrie besonders betroffen
Die deutsche Industrie steht insgesamt unter Spannung und aktuelle Wirtschaftsprognosen vom April 2025 sehen für dieses Jahr nur noch ein Wachstum von 0,1 Prozent des BIP voraus. Verantwortlich dafür sind neben politischen Spannungen rund um den Erdball und gestiegenen Energiekosten vor allem die Unwägbarkeiten des Handelskonflikts. Das trifft einmal mehr die Automobilindustrie. Sie steht ohnehin schon unter dem Druck der chinesischen Konkurrenz. Hersteller wie BYD oder Geely haben in Deutschland bisher zwar nur minimale Marktanteile, sie setzen jedoch weltweit neue Standards bei Elektromobilität, Digitalisierung und Preispolitik. Das honoriert der chinesische Heimatmarkt mit steigenden Marktanteilen: Der Anteil deutscher PKW geht seit Jahren zurück, während die chinesischen Brands in den letzten 5 Jahren von 36 auf auf satte 69 Prozent zugelegt haben. Und jetzt noch die US-Zollpolitik !Die Auswirkungen für die deutsche Automobilindustrie liegen auf der Hand: Hersteller wie Zulieferer werden die höheren Kosten an die Verbraucher weitergeben. Mit zu erwartenden negativen Auswirkungen auf den Absatz. Und steigen die Preise, steigt die Inflation.
Lokalisierung der Produktion: Eine Option?
Unternehmen wie Siemens haben in den letzten Jahren Milliarden in den Ausbau von US-Fertigungsstätten investiert. Auch deutsche Autobauer wie Mercedes, VW & Co. produzieren schon lange in den USA. BMW stellt beispielsweise in Spatenburg jährlich 400.000 Autos her. Ist also der Auf- und Ausbau von US-Produktionsstätten eine Lösung, um die Auswirkungen der Handelsbarrieren abzufedern?
Auf den ersten Blick schon, denn die Betriebe profitieren damit von lokalen Marktvorteilen und angekündigten Förderungen. Das Problem von Importzöllen auf Zulieferteile und Waren, die von außerhalb der USA kommen, wird damit allerdings nicht gelöst. Zudem lässt sich ein neues Werk nicht von heute auf morgen aus dem Boden stampfen.
Und ob eine Lokalisierungsstrategie überhaupt langfristig zieht, bleibt abzuwarten. Denn unter der aktuellen US-Regierung gibt es keine Planungssicherheit. Diese Annahme spiegelt auch die aktuelle Geschäftsklima-Umfrage von KPMG wider: Der zufolge denken trotz hoher Zölle nur 10 % der befragten deutschen Unternehmen über eine Produktionsverlagerung in die USA nach.
Lieferketten diversifizieren als kurz- bis mittelfristige Strategie
In den letzten 5 Jahren gab es vermehrt Ereignisse, die zu Abbrüchen in den Lieferketten führten: Pandemie, Havarie im Suezkanal, Ukraine-Krieg oder die Angriffe der Huthi-Rebellen im Roten Meer sind nur einige Beispiele. Dazu kommen Streiks, Naturkatastrophen oder jetzt eben die US-Zollpolitik. Die Diversifizierung der Lieferketten scheint mehr denn je die einzige Alternative für die Fertigungsindustrie zu sein.
Was die Zölle angeht, können neue Lieferanten aus Argentinien oder Brasilien eine Option sein. Diese Länder sollen mit 10 % geringer besteuert werden als die EU mit 20 %. Und nach den Pandemie-Erfahrungen ist es eh ratsam, sich von der Single-Sourcing-Strategie abzuwenden und Abhängigkeiten wie beispielsweise von China zu reduzieren.
Doch bevor neue Lieferanten an Bord geholt werden, sollten bestehende Lieferanten, Warenflüsse, Kosten und Verträge genau analysiert werden. Das gesamte Category und Supplier Management gehört auf den Prüfstand. Eine Herkulesaufgabe, die manuell nicht zu stemmen ist. Anwendungen für Supplier Intelligence wie die von JAGGAER, können hier maßgeblich entlasten.
Supplier Intelligence: In Echtzeit zu Erkenntnissen
Fast jedes Unternehmen in der Automobilindustrie, sei es OEM oder Zulieferer, transferiert halbfertige Güter von einem Werk zum nächsten, von einem Land ins andere – und das durchaus auch mehrfach. Welche Maßnahmen in einer konkreten Krise erforderlich sind, hängt daher von den individuellen Warenflüssen und Lieferketten ab.
Mithilfe von KI-gestützten Analysen kann die Beschaffungslösung von JAGGAER potenzielle Störungen frühzeitig erkennen und Strategien vorschlagen, um Lieferengpässe oder Produktionsstillstände zu vermeiden. Dabei helfen beispielsweise Simulationen zu den Auswirkungen von Krisen, Handelshemmnissen oder Zöllen in bestimmten Ländern.
Als Basis für die gezielte Suche nach alternativen Suppliern beantwortet JAGGAER Fragen zur Lieferantenstruktur. Hier ein Beispiel mit Blick auf die aktuellen Verwerfungen in den globalen Lieferketten:
- Welche Teile werden bei wem eingekauft?
- In welchem Land sitzt der Lieferant und in welches Werk wird geliefert?
- Wo sind die Risiken eines Engpasses aufgrund der aktuellen Situation am größten?
- Welche Lieferanten sitzen in Ländern, die von der aktuellen Zollpolitik am stärksten betroffen sind?
- Welche Verträge und Konditionen bestehen mit Lieferanten?
- Welche Profile und Kompetenzen haben die Lieferanten?
Anhand der Daten lassen sich die größten Risiken sowie potenzielle Abhängigkeiten ermitteln und daraufhin die Warengruppenstrategie anpassen und neue Lieferanten evaluieren. Nettopreise und Rabatte als alleiniges Kriterium haben heut ausgedient. Vielmehr gilt es die Total Landed Cost (TLC) zu betrachten, also die Gesamtkosten inklusive Warenwert, Logistikkosten, Steuern und Gebühren. Darüber hinaus sind auch Folgekosten durch einen geänderten CO2-Fußabdruck zu berücksichtigen.
Sourcing-Strategie überdenken
Die Vergangenheit hat gezeigt: Wer auf eine Single-Sourcing-Strategie setzt, kann im Ernstfall nicht schnell genug handeln. Es empfiehlt sich daher entsprechend der Warengruppenstrategie auf Dual- oder Multi-Source umzustellen. In diesem Zusammenhang prüfen Unternehmen auch vermehrt Ansätze für Onshoring, Friendshoring und Nearshoring. Zudem kann local4local eine Option sein – also Einkauf, Produktion und oft auch Entwicklung der Waren direkt im Zielmarkt. Alles vor dem Hintergrund, Lieferketten zu optimieren, die Agilität zu erhöhen und Abhängigkeiten von einzelnen Standorten zu reduzieren.
JAGGAER stellt die Marktinformationen und -einblicke bereit, die es braucht, um neue Sourcing-Strategien umzusetzen, alternative Lieferanten schnell zu identifizieren und bestehende Vereinbarungen effizient anzupassen.
Neue Kooperationen in der Hinterhand
Verträge lassen sich nicht von heute auf morgen kündigen und Lieferanten nicht von jetzt auf gleich wechseln. Denn gerade in der Automobilindustrie hängen daran auch Investitionen seitens der Lieferanten. Auftraggebende Unternehmen tun jedoch gut daran, Ausschreibungen und Verträge so vorzubereiten, dass sie bei Bedarf sofort zur Hand sind.
Auch hier greift JAGGAER Unternehmen unter die Arme, indem die Plattform mittels KI vorhandene Vereinbarungen auf Risiken analysiert und Verträge anhand konfigurierbarer Vorlagen erstellt. Dabei lotet die KI Vertragsrisiken aus und schlägt alternative Formulierungen vor. Dies reduziert manuelle Arbeit, beschleunigt Ausschreibungen und Vertragserstellung und sorgt für eine höhere Qualität und Compliance der Verträge – für den Fall der Fälle.
Fazit
Die Automobil- und Zulieferindustrie steht einmal mehr vor der Herausforderung, ihre Beschaffungsprozesse zu optimieren und die Resilienz ihrer globalen Lieferketten zu stärken. Dies ist entscheidend, um die Herausforderungen durch Zölle und Handelsbarrieren erfolgreich zu bewältigen. Dabei unterstützt die Plattform von JAGGAER, indem sie alle Daten, Prozesse und Transaktionen in einer Plattform bündelt und darüber hinaus komplexe Analysen und Was-wäre-Wenn-Szenarien erlaubt – bei Bedarf KI-unterstützt.
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